Kardinal Woelki zur zivilgesellschaftlichen Rolle der Katholischen Kirche in Berlin

In ei­nem Ge­spräch mit dem Köl­ner Stadt-An­zei­ger, eben­falls in der Druck­aus­ga­be der Ber­li­ner Zei­tung vom Wo­chen­en­de, hat sich der schei­den­de Ber­li­ner Erz­bi­schof Kar­di­nal Rai­ner Woel­ki auch zu sei­nen zi­vil­ge­sell­schaft­li­chen1 Er­fah­run­gen in Ber­lin geäußert:

… Wir ha­ben aus un­se­ren Mög­lich­kei­ten ei­ne Men­ge ge­macht. Durch un­ser so­zia­les En­ga­ge­ment, un­se­ren Ein­satz für Flücht­lin­ge ha­ben wir in Zu­sam­men­ar­beit mit der evan­ge­li­schen Kir­che viel zum so­zia­len Frie­den in der Stadt bei­ge­tragen, wie ich fin­de. … Und ich ha­be mich dar­über hin­aus drei Jah­re lang in der Bi­schofs­kon­fe­renz für ei­ne stär­ke­re Prä­senz der ka­tho­li­schen Kir­che in der Haupt­stadt ein­ge­setzt. Das geht na­tür­lich über die Mög­lich­kei­ten des Erz­bis­tums Ber­lin hin­aus, fi­nan­zi­ell und per­so­nell. Ei­ne ei­ge­ne Ar­beits­grup­pe wird da­für – na­tür­lich ge­mein­sam mit den Ber­li­nern – Vor­schlä­ge entwickeln.

Stich­wort „Flücht­lings­po­li­tik“. Füh­len Sie sich vom Se­nat hin­ters Licht ge­führt? Aus den voll­mun­di­gen Zu­sa­gen, die Asyl­ver­fah­ren hier in Ber­lin zu prü­fen, ist schließ­lich nichts ge­wor­den. Jetzt sol­len sie so­gar ab­ge­scho­ben werden.
Das hat un­se­re Ca­ri­tas-Di­rek­to­rin erst in die­ser Wo­che kri­ti­siert2, und ich hof­fe, dass der Se­nat sich an Ab­spra­chen hält und sei­ne Zu­si­che­run­gen ein­löst. Da­für wer­den wir im Erz­bis­tum und mit un­se­rer Ca­ri­tas die An­walt­schaft über­neh­men. Klar ist aber auch, dass wir vie­les an Ver­bes­se­run­gen nur in Ko­ope­ra­ti­on mit der Po­li­tik er­rei­chen. Na­tür­lich muss­ten wir hier und da Druck auf­bau­en, hät­ten uns bis­wei­len schnel­le­re, bes­se­re Hil­fe ge­wünscht. Am „Run­den Tisch“…
… woll­te die Po­li­tik erst gar nicht teilnehmen.
Nun, was es da wo­mög­lich an Ani­mo­si­tä­ten – auch in­ner­halb des Se­nats – ge­ge­ben ha­ben könn­te, dar­über kann ich nur spe­ku­lie­ren. Es war aber im­mer klar, dass wir nur mit den Se­nats­ver­wal­tun­gen et­was Gu­tes im Sin­ne der Flücht­lin­ge er­rei­chen können …

In­ter­view mit Kar­di­nal Woel­ki le­sen: „Ich ha­be in Ber­lin viel da­zu­ge­lernt“. In: Köl­ner Stadt­an­zei­ger, 29.08.2014

  1. “In der in­ter­na­tio­na­len so­zi­al­wis­sen­schaft­li­chen Li­te­ra­tur be­steht schon lan­ge kein Zwei­fel mehr, daß auch Kir­chen zur Zi­vil­ge­sell­schaft ge­hö­ren. … In Deutsch­land ist die­se Zu­ord­nung je­doch nicht un­um­strit­ten … Bin­dun­gen un­ter­strei­chen die Zu­ord­nung ins­be­son­de­re der gro­ßen christ­li­chen Volks­kir­chen zum Staats­be­reich. Daß da­mit schwer­wie­gen­de Di­lem­ma­ta ver­bun­den sind, liegt auf der Hand. Dies ist in den Kir­chen auch er­kannt.” – heißt es zu­sam­men­fas­send in ei­ner ak­tu­el­len Stu­die Zi­vil­ge­sell­schaft­li­che Or­ga­ni­sa­ti­on Kir­che? von Dr. Ru­pert Graf Strach­witz.
  2. Vgl. Dis­kus­si­on um Zu­sam­men­ar­beit von Flücht­lin­gen und Be­hör­den – Ca­ri­tas “aus­ge­spro­chen frus­triert” über Um­gang mit Flücht­lin­gen. rbb​-on​line​.de, 14.08.2014